Admir Bulic ist der Leiter der AWO Integrationsagentur (IA) in Gelsenkirchen. Im Interview auf dem Consol Zechengelände erzählt er von den Herausforderungen und Chancen seiner Arbeit bei der AWO, dem Leben im Ruhrgebiet sowie seiner Familie.
Wenn Admir Bulic über seine Arbeit bei der AWO Integrationsagentur redet, wird schnell deutlich, mit wieviel Herzblut er bei der Sache ist. Seit zehn Jahren gibt es die Integrationsagentur in Gelsenkirchen nun schon. Was vor einer Dekade noch klein begann, wuchs schnell zu einem erfolgreichen AWO-Arbeitsbereich mit Vorreiterfunktion heran. Integrative und interkulturelle Arbeit wurde natürlich schon zuvor bei AWO geleistet, bei der Integrationsagentur geht es vielmehr um die Weiterentwicklung solcher Projekte.
Ein Hauptfokus ist die schnelle Reaktion auf aktuelle Chancen und Herausforderungen im Bereich Integration. Ohne viel Bürokratie initiieren die Teams um Bulic neue Maßnahmen, nachdem sie den konkreten Bedarf ermittelt haben. „Wir sitzen nicht einfach allein in unseren Büros und denken uns etwas aus, das bloß gut auf dem Papier klingt, sondern sprechen mit betroffenen Menschen und Institutionen vor Ort in den Quartieren und Nachbarschaften, um bedarfsorientierte Projekte und Methoden zu erarbeiten”, erzählt Admir Bulic.
Die Vernetzung der Integrationsagentur ist umfangreich und vielfältig, seien es Fachhochschulen, Universitäten, andere Wohlfahrtsverbände, lokale Netzwerke oder interessierte Kommunen. Da verwundert es nicht, dass Bulic, der Sozial- und Erziehungswissenschaften sowie Germanistik studiert hat, bereits als Lehrbeauftragter unterrichtet hat und immer wieder als Experte für Vorträge über soziale Arbeit und Integration eingeladen wird. Regional wie international wird die AWO Integrationsagentur als Motor der Gelsenkirchener Integrationsarbeit angesehen und da kommt es auch mal, dass sich beispielsweise Kollegen aus anderen europäischen Städten wie Brüssel ankündigen, um den Gelsenkirchener AWO Kollegen vor Ort über die Schulter zu schauen.
Bulic stammt aus einer Gastarbeiterfamilie, seine Eltern kamen in den siebziger Jahren aus Ex-Jugoslawien nach Deutschland, machten Gelsenkirchen zu ihrer neuen Heimat. Damals kam er zum ersten Mal mit der AWO in Kontakt, denn seine Eltern suchten damals Unterstützung beim Verband. Die Verbundenheit zur AWO brach nie ab und so arbeitete Bulic auch während seiner Schul- und Studiumszeit beim Verband vor Ort. „Zu jener Zeit habe ich viele verschiedene Bereiche der AWO kennengelernt, aber eigentlich war ich damals schon vor allem bei der integrativen Arbeit tätig”, erinnert er sich. Mittlerweile leitet der 39-Jährige die Integrationsagentur und könnte mit seiner Berufswahl kaum glücklicher sein.
Wenn Bulic heute an seine Kindheit zurückdenkt, wird im klar, wie sehr die Aufgeschlossenheit seiner Eltern ihn beeinflusst hat: „Meine Mutter war erst 18 Jahre alt als sie in ein ihr unbekanntes Land kam, aber sie blieb stets offen und sagte immer, dass man sich Freunde nach Sympathien und nie nach Herkunft aussucht”, berichtet er strahlend.
Während seine Mutter als Reinigungskraft arbeitete, fand der Vater Arbeit im Bergbau. Die Werte, die er seinem Sohn vermittelt hat, hatten viel mit dieser „harten Maloche” zu tun. „Unter Tage war es vollkommen egal, woher ein Mensch kam. Wichtig war Solidarität und Zusammenhalt”, so Bulic. „Kumpel sein”, das wurde für seinen Vater zur Lebensphilosophie, die auch auf den Sohn abfärbte. Denn auch wenn der Bergbau im Ruhrgebiet mittlerweile vorbei ist, so leben die damit verbunden Werte in den Menschen vor Ort weiter. „Was wir von unseren Bergleuten vorgelebt bekommen haben, das gilt nicht nur für die Steinkohleindustrie, sondern auch für das tägliche Miteinander, besonders im Hinblick auf gelungene Integration”, sagt Bulic voller Überzeugung.
Dem Integrationsagentur-Leiter ist es allerdings auch wichtig zu betonen, dass Integration keine Einbahnstraße ist. Die Herzlichkeit und Offenheit des Ruhrgebiets sei auch mit Rechten und Pflichten für die Neuankömmlinge verbunden. Nur wenn alle am selben Strang ziehen, sei ein friedvolles Miteinander möglich. Es sei die respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe, die die Arbeit der Integrationsagentur so erfolgreich mache. „Bei uns hat erfolgreiche Integration drei Buchstaben: T-U-N. Und das gilt für alle Beteiligten”, sagt Bulic nachdrücklich. Die Sorgen und Probleme der Menschen werden ernst genommen, Konzepte werden bei Bedarf angepasst und bleiben nicht statisch. Gleichzeitig wird Betroffenen nie das Gefühl vermittelt, dass sie bevormundet werden. „Unser Ziel ist es keinesfalls, Projekte jahrelang in AWO-Hand zu behalten. Wir stellen gerne die Weichen, helfen den Menschen dabei Probleme zu lösen, aber wenn es dann gut läuft, dann ziehen wir uns wieder zurück”, berichtet er. Auf dem Erfolg ruhen sich die Teams der Agentur allerdings nicht aus, schließlich warten stets neue Herausforderungen.
Wenn Bulic über die mittlerweile 60 Mitarbeiter spricht, für die er der Ansprechpartner ist, kommt er aus dem Schwärmen kaum raus. Über zwanzig Sprachen sprechen sie gemeinsam, haben die unterschiedlichsten Hintergründe und Geschichten, die sie zur AWO geführt haben. Was sie allerdings alle verbindet ist ihr unermüdlicher Einsatz und die Motivation, individuelle Lösungen zu finden bei denen stets der Mensch im Mittelpunkt steht. „Die Vielfalt unserer Arbeit spiegelt sich in den Teams wider. Es ist die Kombination dieser zahlreichen Perspektiven und Biografien, die uns ausmacht”, erzählt Bulic stolz.