Das Freiwillige Soziale Jahr - DIE Chance zur Berufsfindung

Dominique Hannig: vom Ehrenamt in die gehobene Führungsposition.

Das Tor zur Arbeitswelt – 1:0 für’s FSJ

Vom Ehrenamt in eine gehobene Führungsposition: Dominique Hannigs Karriereweg ist ein Beispiel dafür, wie Menschen in der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ihren persönlichen Berufsweg finden und sich selbst verwirklichen können.

Noch heute erinnert sie sich gerne an ihre Anfänge bei der AWO zurück. „Ich war beim Kickern lange die Lachnummer schlechthin - mittlerweile bin ich immerhin ganz gut im Tor”, sagt die 32-jährige, sympathische Frau, während sich ihre Mundwinkel nach oben ziehen.

Heute besucht Dominique Hannig wieder den Ort, an dem ihr beruflicher Weg begonnen hat. Sie steht zwischen den vielen runden Kindertischen im Jugendcafé Real in der Realschule Hohenlimburg und blickt in Richtung des kleinen Tresens, an dem sie vor 13 Jahren selbst Kinder bediente. Dort steht immer noch ihr damaliger Chef, Frank Siebel.

Der freundliche Mann mit den sympathischen Lachfalten und der schlichten Brille begrüßt Dominique in einer langen Umarmung. Es wirkt, als wäre sie nie wirklich weg gewesen. „Das letzte Mal war ich vor fünf Jahren zum Jubiläum des Café Real hier zu Besuch. Es war schon ein lustiger Moment, als Frank und ich uns dann 2015 am Telefon hatten, als ich hauptberuflich im AWO Bezirksverband angefangen hatte. Wir hätten beide nicht gedacht, dass wir uns auf diesem Weg wieder treffen”, erzählt Dominique und nickt ihrem ehemaligen Chef lächelnd zu. Der fängt an zu lachen, als Dominique am Tresen fragt, ob sie denn nun auch Pfand für den Kickerball abgeben muss. Schließlich arbeitet sie ja nicht mehr in dem Café.

Tischkickern stand zwar immer auf der Tagesordnung, war aber natürlich nur ein kleiner Teil der Erfahrungen, die sie während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) im Jugendcafé Real gemacht hat. „Och Mensch, das klingt doch ganz interessant”, dachte Dominique Hannig damals, als sie das Jugendzentrum „Café Real” in Hagen auf der Liste entdeckte.

Ihr gefiel das Konzept des Jugendzentrums gut. Eine Mischung aus verbindlicher Mittagessen- und Hausaufgabenbetreuung und offenem Treff am Nachmittag. Das „Café Real” befindet sich in Hagen im Gebäude einer Realschule. Dort gibt es von Montag bis Freitag jeweils von 13-15 Uhr eine Hausaufgabenbetreuung und Übermittagsbetreuung.

Ab 14 Uhr bis 21 Uhr ist das Café ein offener Treff für viele Altersklassen. Es wurde gekickert, gebastelt, getanzt oder einfach nur zusammengesessen und gequatscht. Zudem gab es einen Tag in der Woche an dem zusammen gekocht wurde. „Gerade die Alterspanne fand ich interessant“, sagt die heute 32-jährige.

Als sie das FSJ damals anfing, war sie gerade 19 Jahre alt und somit nur unwesentlich älter als manche Besucher der Einrichtung. „Es war eine dauerhafte Herausforderung, gerade bei den Stammgästen. Auf der einen Seite kumpelhafte Ansprechpartnerin, die immer ein offenes Ohr hat, auf der anderen Seite gleichzeitig auch Grenzen durchzusetzen. Das war ein gegenseitiges Lernen”, erzählt Dominique Hannig.

Extrem wertvoll fand sie neben der Praxis auch die Seminarwochen die gesetzlich in das FSJ integriert sind. An 25 Tagen im Jahr treffen sich die FSJler*Innen der einzelnen Unterbezirke und Seniorenzentren der AWO. Dort werden zum Beispiel Rollenspiele gemacht um das Verhalten in Konfliktsituationen durchzuspielen, es gibt einen Austausch, aber auch Exkursionen. Es ist eine Mischung aus rechtlich festgelegten Inhalten und selbstbestimmten Themen der Teilnehmer. Während der Seminartage hat Dominique Hannig die Möglichkeit genutzt, sich beim Jugendwerk der AWO (eigenständiger Kinder- und Jugendverband der AWO) zur Jugendgruppenleiterin schulen zu lassen.

Neben einem Bürotag in der Woche, an dem administrative Sachen und Dinge geplant wurden, hat die Sauerländerin auch das Ferienprogramm mitgestaltet und durchgeführt sowie eine eigene AG, die Bastel-AG, angeboten. Gerade die Ferienbetreuung empfand sie als „Highlight“, wie sie sagt.

„Täglich von 9 – 17 Uhr bis zu 30 Kinder zu beschäftigen, das war nochmal was ganz anderes, aber auch ein besonders schöner Abschluss meines FSJ, da es genau in meinen letzten Wochen dort stattgefunden hat”.

Ihre Zeit dort war der Startschuss für eine Karriere bei der AWO. Seit 2015 ist Dominique Fachbereichsleiterin für Freiwilligendienste. Momentan vertritt sie außerdem eine Kollegin in Elternzeit und ist somit auch die Abteilungsleiterin für den kompletten Bereich „Soziales und Jugendsozialarbeit” beim Bezirksverband der AWO im Westlichen Westfalen.

Ihr Karriereweg ist dabei keine Ausnahme. „Ich bin nur ein Beispiel von vielen”, sagt sie. „Viele Einrichtungsleiterinnen und -leiter haben mit einem FSJ oder dem früheren Zivildienst angefangen. Das liegt auch daran, dass es bei der AWO so viele verschiedene Karriererichtungen gibt.”

Abi in der Tasche – und jetzt?

Dominiques Weg beginnt in der Kleinstadt Altena im Märkischen Kreis. Dort macht sie ihr Abitur und ist schon zu Schulzeiten in kirchlichen Jugendgruppen aktiv. „Aber da bin ich nie so richtig angekommen”, sagt sie heute. Dennoch hat sie weitergemacht. Ihr war klar, dass sie mit Menschen arbeiten will. Doch wie genau das aussehen sollte, wusste sie nicht.

Nach dem Abitur erfährt sie über ihren Bekanntenkreis von der AWO und bewirbt sich auf eine FSJ-Stelle im Bereich Jugendarbeit. „Auf die AWO bin ich rein zufällig gestoßen”, gibt sie zu und lächelt verlegen. „Eine Freundin meiner Mutter hat damals da gearbeitet“, erzählt sie weiter. Bei ihrer FSJ-Wahl hat sie sich bewusst gegen einen kirchlichen Träger entschieden. Dort hätte sie sich keinen bestimmten Arbeitsbereich aussuchen können. Bei der AWO allerdings kann man sich auch direkt in einer Einrichtung bewerben – das habe ihr mit 19, 20 Jahren einfach gut gefallen.

Nach ihrem FSJ im Jugendcafé Real zieht Dominique für ihr Studium der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik nach Münster. Hier knüpft sie 2006 Kontakt zum Jugendwerk der AWO an und engagiert sich insgesamt 10 Jahre ehrenamtlich. „Mir war es nie genug, nur zu studieren. Ich wollte immer auch was Praktisches nebenher machen. Andere machen das mit Nebenjobs, ich habe über das Ehrenamt in viele Bereiche Einblicke bekommen.”

Im Kreisjugendwerk Münster organisierte sie das Programm und sammelt so erste Vorstandserfahrungen. „Zehn Jahre Ehrenamt und Verantwortung im Jugendwerk haben mich sehr geprägt und ich konnte viele Erfahrungen sammelndie mir so früh in eineFührungsposition mit Personalverantwortung helfen“, erinnert sie sich.

Café Real

Viel erlebt und nichts vergessen

Heute freut sie sich sichtlich darüber, wieder einmal zu Besuch in dem Jugendcafé zu sein. „Hiermit verbinde ich einfach viele schöne Erinnerungen und eine gute, für mich aufregende Zeit.“ Einige Erlebnisse sind ihr dabei besonders gut im Gedächtnis geblieben. Während der Ferienbetreuung wollten ihr beispielsweise zwei 8-jährige Jungs in der Indoor-Skihalle Bottrop das Skifahren beibringen: „Das hat sogar ganz gut geklappt: Zwei Drittel der Piste habe ich stehend geschafft, das letzte Stück bin ich auf dem Hintern runter gerutscht.“ Sie lacht herzlich.

Der Kontoauszug ist Nebensache

Damals wie heute ging es Dominique darum, mit einem guten Gefühl von der Arbeit nach Hause zu gehen. „Ich merke, dass ich Spaß und Lust daran habe, die AWO von innen heraus zu gestalten, zu verändern und zu modernisieren“, sagt sie überzeugt. „Klar gibt es Tage, an denen man Heim kommt und sich fragt: Was zur Hölle habe ich eigentlich den ganzen Tag gemacht? Aber das gibt es in jedem Job. Dafür, dass ich nach der Arbeit zufrieden nach Hause gehe, ist nicht der Kontoauszug wichtig. Wichtig ist das Gefühl, etwas bewirkt zu haben.“ 

Trotzdem wünscht sie sich für die Zukunft, dass andere Jobs an der „AWO-Front“, wie beispielsweise Erzieherinnen und Erzieher in Kitas, besser entlohnt werden. „Ziel der AWO sollte es sein, auch in 100 Jahren noch zu bestehen. Oder, wie die Gründerin Marie Juchacz vor 100 Jahren sagte, dass sie sich bis dahin selbst abgeschafft hat, weil die Gesellschaft insgesamt sozialer und gerechter geworden ist. Aber so weit sind wir in meinen Augen leider noch nicht.“

„Die Freiwilligen Dienste sind eine Riesenchance. Das sind 400 junge Menschen im Jahr, die die AWO kennenlernen. Wenn diese Menschen ein Jahr eine gute Zeit bei uns hatten, dann hat die AWO ja auch was davon, wenn möglichst viele in der Folge Lust darauf haben hier weiterzuarbeiten. Ob hauptamtlich oder ehrenamtlich, Hauptsache sie bleiben dem Verband erhalten“, sagt sie.

Damit diese Chance optimal genutzt werden kann Bedarf es gewisser Rahmenbedingungen, der Wertschätzung und Einbindung in Bereichen wie Personalentwicklung und das klappt nicht von heute auf Morgen. Dominique Hannig sieht diese Aufgabe aber als „ganz tolle Herausforderung“. Sie und ihr Team arbeiten stetig an der Verbesserung und Vereinfachung der entsprechenden Prozesse sowie der besseren Vernetzung der Einrichtungen und Unterbezirke. „Das klappt natürlich nicht von heute auf Morgen. Aber es geht Stück für Stück voran. Das macht mir einfach ganz viel Freude und hat was Sinnstiftendes für mich. Ich weiß einfach wofür ich das hier mache“, sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht.

Autoren
Westfälische Hochschule Gelsenkirchen, Lena Heinrich und Fynn Hagedorn