Franz Müntefering im Gespräch mit Katrin Mormann, Pressereferentin im AWO Bezirksverband Westliches Westfalen
Die Person Franz Müntefering
Franz Müntefering war Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, von 2002 bis 2005 Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und ab März 2004 – zunächst bis November 2005 und noch einmal von Oktober 2008 bis November 2009 – auch ihr Bundesvorsitzender.
Von 2005 bis 2007 war Müntefering Vizekanzler und Bundesminister für Arbeit und Soziales im ersten Kabinett von Angela Merkel sowie in den Jahren 1975 bis 1992 und 1998 bis 2013 Abgeordneter des Deutschen Bundestages (MdB).
Am 25. November 2015 wurde er zum Vorsitzenden der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) gewählt.
2006 wurde er mit der Marie-Juchacz-Plakette geehrt. Am 22. Januar 2015 wurde Franz Müntefering mit dem Heinrich-Albertz-Friedenspreis ausgezeichnet.
Interview mit Franz Müntefering:
„Miteinander fürs Ganze aktiv sein“
Seit November 2015 ist Franz Müntefering BAGSO-Vorsitzender. In dieser Position verantwortet er nun auch seinen ersten Deutschen Seniorentag. Welche Bedeutung er ihm zumisst, was er sich für Dortmund wünscht und auf welchen Podiumsdiskussionen er anzutreffen sein wird, erfahren Sie im Interview.
„Brücken bauen” heißt das Motto des 12. Deutschen Seniorentages. Was bedeutet Ihnen das Motto? Welche Akzente werden damit für den Deutschen Seniorentag gesetzt?
Brücken verbinden, ermöglichen Kontakte, verkürzen den Weg zueinander. Brücken sind Menschenwerk: Wir Menschen können alle möglichen Brücken bauen. Allerdings: Wirksam werden Brücken erst, wenn wir sie auch benutzen. Herzlich willkommen!
„Generationenkonflikte sind Unsinn”
Unter dem Motto „Brücken bauen“ nehmen Sie dort auch an einer Podiumsdiskussion „Für eine solidarische Gemeinschaft” teil, gemeinsam mit der Vorsitzenden des Deutschen Bundesjugendrings, Lisi Maier. Wie bewerten Sie heute die Solidarität zwischen den Generationen?
Die Gerüchte über Generationenkonflikte sind Unsinn. Allerdings: Konflikte gibt es in unserer Gesellschaft: Zwischen sittenwidrig hohen und sittenwidrig niedrigen Löhnen, zwischen Demokraten und Nationalisten, zwischen Kindern mit oder ohne Bildungs- und Berufschancen. Mit Generationen hat das wenig zu tun, wohl aber mit Gerechtigkeit und Solidarität. Die BAGSO ist im Übrigen zurzeit in einem guten Gespräch mit dem Bundesjugendring zu den gemeinsamen Herausforderungen in unserem Land und in Europa.
„Einsamkeit ist ein Übel, das nicht sein muss”
In einem weiteren Podiumsgespräch stellen Sie sich in Dortmund dem Thema „Brücken bauen – Für eine gute Gesundheit”. Welche gesundheitspolitischen Aufgaben müssen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in Ihren Augen dringend angepackt werden und was können Ältere selbst zu ihrer Gesundheit beitragen?
Da sind Staat und Gesellschaft und jeder einzelne Mensch selbst gefragt. Sich gesund ernähren und sich hinreichend bewegen sind keine Garantie dafür, gesund älter zu werden, aber doch eine deutliche Chance. Vorbeugen ist leichter als heilen. Prävention ist vernünftig. Der Staat muss in Sachen Gesundheit weiterhin forschen und entwickeln lassen und diese Potenziale für die Menschen praktisch nutzbar machen – unabhängig von deren Gehaltsstufe. Aber Solidarität kann der Staat nicht verordnen. Einsamkeit ist ein Übel, das nicht sein muss. Da gilt: Helfen und sich helfen lassen – das ist eine gute Maxime für unser gesellschaftliches Miteinander. Zeit haben füreinander.
„Zuhören, Mitreden, Mitmachen, Weitersagen”
Welche Bedeutung hat der Deutsche Seniorentag und wie kann er in unsere Gesellschaft mit immer mehr älter werdenden Menschen hineinwirken?
Er lebt vom Zuhören, Mitreden, Mitmachen, Weitersagen. Auch von deutlicher Interessenvertretung, wie es sich für eine Demokratie gehört. Aber er muss auch die Bereitschaft der Älteren verdeutlichen, im Miteinander fürs Ganze aktiv zu sein, nicht zu Lasten anderer Generationen.
Was wünschen Sie sich von den drei Tagen Ende Mai in Dortmund? Und was wäre für Sie ein guter und erfolgreicher Deutscher Seniorentag 2018?
Wunsch? Inspirationen und Realismus. Eifer und Gelassenheit. Fragen und Zuversicht. Freude am Leben. Erfolgreich? Wenn er als ein Stück gelebte Demokratie sich ins Land fortsetzt. Denn es gibt viel zu tun.
Herr Müntefering, wir danken für das Interview.