AWO-Haftentlassenenhilfe Haus Eckesey

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Wie die AWO in Hagen ehemalige Straftäter zurück ins Leben führt ...

Der blinde Fleck in der Gesellschaft

Wie die AWO ehemalige Straftäter zurück ins Leben führt

„Warum? Keine Ahnung. Meine Eltern sind gestorben, ich hatte die falschen Freunde und nie über Konsequenzen nachgedacht. Eigene Dummheit würde ich sagen.” Auf Maiks Gesicht legt sich ein Schatten. 13 Jahre lang saß er wegen dem Verkauf und Konsum von Drogen hinter Gittern. In einer kleinen Nische steht Maik hinter dem Kicker im Gemeinschaftsraum. Die Sonne aus den Fenstern blendet ihn leicht, als er über seine Vergangenheit nachdenkt. „Hey komm! Eine Runde geht noch!” Christian steht auf der anderen Seite des Kickers und schiebt den kleinen weißen Ball durch die Öffnung und der Raum füllt sich mit Klacken und Klicken.

Beide sind Bewohner im Haus Eckesey in Hagen und leben dort schon seit über einem Jahr. Auf insgesamt 16 Zimmern nehmen Leiter Reinhard Hau und seine Kollegen ehemalige Straftäter auf. „Mit unserer Einrichtung ermöglichen wir einen Neustart. Egal ob es um Ämtergänge geht oder die Suche nach einem richtigen Job. Wir helfen den Bewohnern wieder auf die Beine zu kommen.”

Reinhard Hau ist stolz auf das, was sein Team mit dieser Einrichtung bewirkt. Jedes Jahr werden zwischen 30 und 40 aus der Haft Entlassene aufgenommen und unter kontrollierten Bedingungen wieder an das Leben außerhalb des Gefängnisses herangeführt.

Auch Christian ist genau wie Maik wegen Beschaffungskriminalität im Gefängnis gewesen und eines steht für ihn fest: „Ich will nicht wieder zurück ins Gefängnis. Ich bin mittlerweile 53. Alleine wohnen kommt für mich aber momentan nicht in Frage. Deshalb ist eine Einrichtung wie diese umso wichtiger für mich.” Neben den Pflichtterminen sorgt das Team von Haus Eckesey auch für einen abwechslungsreichen Alltag. Am schwarzen Brett im Haus sind regelmäßig neue Aushänge, die zu einem geselligen Darts-Abend oder eben einem Kickerturnier einladen.

„Die Freizeitangebote sind super und tun uns gut. Streit untereinander gibt es auch nicht, zumindest habe ich bisher keinen mitbekommen.” Christian greift von einem Griff zum nächsten, um das Spiel zu gewinnen. Neben dem Kickerkasten befindet sich eine offene Gemeinschaftsküche. An einer Tür hängen die wichtigsten Grundregeln: Hände waschen. Aufgaben verteilen. Freundlich zueinander sein.

Das Konzept aus kontrollierter Eingliederung und gemeinschaftlichen Aktivitäten zeigt Wirkung. „Bisher hat kein einziger der Bewohner in all den Jahren eine weitere Straftat begangen. Ich habe von Anfang an dieses Konzept mit entworfen und stetig verbessert. Rückblickend bin ich sehr stolz auf die Entwicklung der Einrichtung und ich würde jedes Mal aufs Neue den gleichen Weg gehen.” Reinhard Hau lehnt sich auf seinem Stuhl im Büro zurück und seine Mundwinkel zucken leicht nach oben. 

 

Reinhard Hau

Nicht für viele, aber doch für einige ist diese Einrichtung mehr als nur eine Etappe zum Ziel. „Das hier ist mein Zuhause geworden. Hier fühle ich mich wohl und werde bei jedem Problem unterstützt. Du wirst hier mit Respekt und auf Augenhöhe behandelt. Trotzdem habe ich immer noch Angst rückfällig zu werden.”

Mit einem Schulterzucken verdrängt Maik schnell seinen letzten Gedankengang. Es ist ein schwerer und nicht immer erfolgreicher Weg, den die ehemaligen Straftäter und das Team von Haus Eckesey vor sich haben. Und dennoch sind beide Seiten gleichermaßen motiviert diesen Weg anzutreten. 

„Jawoll! Toooor!!” Christian hat den Ball versenkt und reißt die Arme nach oben. Ein Erfolgserlebnis, und wenn aus auch noch so ein kleines ist, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.



2. Video: Der Wandel der sozialen Arbeit: Imagefilm 'AWO FÜR ALLE, von 1988. Kapitel: Haftentlassenenhilfe

Autoren
Sarah Jockenhöfer, Westfälische Hochschule Gelsenkirchen