Ein Weg zurück zu ein bisschen Normalität
Eine ganz normale Haustür, ein paar Blumen davor, zwei Stufen führen zum Eingang des weiß verputzten Hauses. Doch hinter dieser Tür verbirgt sich keine glückliche Familienidylle. In diesem Haus befindet sich das Frauenhaus Iserlohn der AWO Hagen Märkischer-Kreis. Hierbei handelt es sich um einen Zufluchtsort für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und deren Kindern.
Doch was sich sehr bedrückend anhört, sieht im Inneren anders aus. Zwei große Küchen reihen sich aneinander, es riecht nach Mittagessen. Im Garten spielen Kinder auf Spielgeräten, einige Frauen sitzen daneben und unterhalten sich. Dieser Ort wirkt friedlich und ruhig.
Ruhe, das ist es was die Frauen benötigen, die hierherkommen, erklärt Anna Müller: „Die meisten Frauen müssen erst einmal ankommen, sie haben lange häusliche Gewalt erlebt.” Die Diplom Pädagogin ist seit gut 10 Jahren Leiterin des Frauenhauses.
Nach der Ankunft im Frauenhaus findet ein Aufnahmegespräch statt, indem die Fragen der verunsicherten Frauen beantwortete werden. Außerdem müssen auch organisatorische und finanzielle Fragen geklärt werden, denn: „Die Frauen wirtschafteten hier selber. Da sind zwei Küchen, da kochen sie für sich. Und das ist ja auch gut, wenn sie sich ihr Geld selber einteilen, für die Kinder sorgen, einkaufen gehen können”, erklärt Anna Müller. „Die Frauen leben hier ihr Leben und wir wirken unterstützend.” In der Regel bleiben die Frauen zwei bis drei Monate. Sie erhalten hier die Zeit und die Möglichkeit, oft zum ersten Mal ohne Druck eines gewalttätigen Partners, ein Gefühl dafür für das zu entwickeln, was sie möchten.
Im Jahr 2016 hat das Frauenhaus insgesamt 64 Frauen mit 97 Kinder aufgenommen. Rund ein Drittel war zwischen 18 und 25 Jahren. Ebenfalls ein Drittel war kinderlos. Im Frauenhaus können gleichzeitig acht Frauen und 12 Kinder aufgenommen werden, mehr räumliche Kapazitäten gibt es nicht. Die meisten Frauen haben kleine Kinder, unter sechs Jahren, erklärt Anna Müller.
Vielen Frauen sehen mit dem Gang ins Frauenhaus die einzige Möglichkeit eine gewalttätige Beziehung zu beenden und sich neue Perspektiven zu schaffen. Dazu gehört viel Mut und Kraft.
Einige Bewohnerinnen entscheiden sich dafür, Ehemann oder Freund noch einmal eine Chance zu geben; 2016 gingen 17% der Frauen zurück. Manche Männer versprechen sich zu ändern, erzählt Anna Müller, manchmal gehen die Frauen aber auch ohne dieses Versprechen zurück. „Ich finde auch, dass das völlig legitim ist. Das ist ja auch eine riesige Entscheidung, den Mann und das gewohnte Leben zu verlassen.”
Nach einer Stabilisierungsphase, die sehr individuell ist und ca. einen Monat beträgt, treffen 17 % der Frauen die Entscheidung in eine eigene Wohnung zu ziehen. Die Mitarbeiterinnen unterstützen sie hierbei in allen nötigen Belangen.
Aber mit dem Auszug aus dem Frauenhaus endet die Betreuung von Anna Müller und ihrem Team nicht:
Das Frauenhaus bietet eine nachgehende Beratung an, welche die bereits im Frauenhaus erworbene Selbstständigkeit weiter stabilisieren und fortführen soll; ein wichtiger Bestandteil der Arbeit, da die kurze Verweildauer in der Einrichtung den Frauen oft nicht ausreicht.